Zuckersucht

Bist du zuckersüchtig?

Sucht bedeutet, dass du auf einen bestimmten Stoff nicht mehr verzichten kannst und abhängig davon bist. Warnsignale für eine Zuckersucht sind, wenn du:

  • oft zwischendurch oder heimlich naschst
  • dir einen Süßigkeitenvorrat für das Wochenende anlegst
  • Süßigkeiten nicht rationieren kannst und dich deshalb schuldig fühlst
  • Süßgetränken und Junkfood liebst, obwohl sie dich träge machen
  • deinen Heißhungerattacken Phasen zuckerfreier Ernährung folgen lässt
  • Stress mit „erst mal, was Süßes“ begegnest
  • unter Unruhe, Spannungen und Nervosität einige Stunden nach der letzten Mahlzeit leidest.

Wie Zuckersucht entsteht?

Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate sind die Hauptnährstoffe unserer Ernährung. Kohlenhydrate sind Zucker und Stärke. Abhängig von ihrer Zusammensetzung haben sie eine unterschiedliche Wirkung auf unseren Blutzuckerspiegel.

Kohlenhydrate werden in Einfach-, Zweifach- oder Mehrfachzucker unterschieden. Entscheidend ist die Anzahl der Zuckerketten.

  • Glukose (Traubenzucker) ist ein Einfachzucker.
  • Unser Haushaltszucker (Saccharose) ist ein Zweifachzucker, er besteht aus den zwei Molekülen Glukose und Fructose.
  • Mehrfachzucker bestehen aus drei bis neun Molekülen, wie zum Beispiel Oligosaccharide ein wesentlicher Bestandteil von Reissirup.
  • Dextrine, Stärke und Ballaststoffe gehören zu den Vielfachzucker (Polysaccharide), sie bestehen aus mindestens zehn Einfachzuckermolekülen.

Je kürzer die Zuckerkette ist, desto schneller steigt der Blutzuckerspiegel.

Wenn wir Kohlenhydrate essen, schüttet unsere Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus. Es sorgt dafür das der Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangen kann und in Energie (ATP) umgewandelt wird.zuckersucht
Wenn du einen Riegel Schokolade isst, steigt dein Blutzucker innerhalb von zehn bis zwanzig Minuten nach oben. Deine Bauchspeicheldrüse schüttet ebenso rasch viel Insulin aus. Der Blutzuckerspiegel fällt dann ganz schnell wieder nach unten.

Auf den Zuckerabfall reagiert dein Gehirn empfindlich, es meldet sich mit bohrenden Hungergefühlen, der nächste Schokoriegel muss daran glauben. Alternativ schafft auch ein Lebensmittel mit hohem-glykämischen Index schnelle Abhilfe, Gebäck und Nudeln führen ebenfalls zu einem schnellen Blutzuckeranstieg.

Es ist dein Gehirn das süchtig ist. Es steckt in einer Energiekrise und schaltet deinen freien Willen aus. Du isst die Tafel Schokolade, die ganze Tüte Gummibären oder den zweiten Teller Nudeln. Warum ist das so, warum sind wir süchtig nach mehr?

Das gestörte Zusammenspiel von Serotonin, Dopamin und Cortisol

Bei einer Sucht ist das Gleichgewicht zwischen den Botenstoffen im Gehirn gestört. Bei der Zuckersucht ist es vor allem jenes zwischen Serotonin und Dopamin.

Fällt der Blutzuckerspiegel fällt auch der Serotoninspiegel. Das Hormon Serotonin ist für gute Laune zuständig. Bei niedrigen Serotoninwerten fühlst du dich unzufrieden, bist gereizt und lustlos. Je niedriger dein Serotoninwert ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eine Sucht zu entwickeln.

Schießt der Blutzucker in die Höhe, steigt auch dein Dopaminwert. Dopamin ist zugleich Hormon und Neurotransmitter im Nervensystem.
Im Zusammenhang mit Zucker ist seine Eigenschaft als belohnende Wohlfühlsubstanz wichtig. Dein Schokoriegel löst ein Wohlgefühl aus und führt zu dem Wunsch, sich erneut so zu fühlen.  Mit der Zeit stellt sich jedoch eine Toleranz ein und es muss immer mehr Zucker konsumiert werden um ein ähnliches Gefühlslevel zu erreichen: ein Teufelskreis beginnt.

Wenn der Dopaminspiegel steigt, sinkt der Serotoninspiegel.

Das Stresshormon Cortisol wird vermehrt in Belastungssituationen ausgeschüttet. Es reguliert deinen Blutzuckerspiegel, indem es dafür sorgt, dass genügend Glukose aus den körpereignen Reserven zur Verfügung steht. Kurzzeitig sorgt der erhöhte Insulin- und Cortisolwert für eine Konzentration auf die eine Aufgabe. Da auch der Dopaminwert zunächst steigt bist du mit Spaß dabei. Bei Dauerstress wirkt jedoch der niedrige Serotoninspiegel.

37 Stück Würfelzucker nimmt jeder von uns durchschnittlich pro Tag zu sich. Diese immense tagtägliche Zuckerzufuhr bedeutet Ernährungsstress pur für jede einzelne Körperzelle. Du begegnest dem erhöhten Cortsiolwert, mit dem was man in Stresssituationen so tut, dem Griff zum Süßen. Anfangs klappt dies auch, auf Dauer ist dein Cortisolwert unter Normalwert. Dein Wohlbefinden nimmt ab, du dopst dein Nachmittagstief mit einer süßen Brause.

Fazit: Du greifst zu Süßem weil:

  • du unzufrieden bist – Serotonin
  • das Belohnungssystem es so gelernt hat – Dopamin
  • du Stress oder ein Nachmittagstief hast – Cortisol
  • dein Blutzuckerspiegel zu schnell abgefallen ist.

Der Dauerbeschuss mit Zucker stört das Zusammenspiel von Botenstoffen und Gehirnstoffwechsel.

Wie Zuckersucht deine Gesundheit bedroht?

Bei ständiger Zuckerzufuhr überhitzen die Mitochondrien. Das sind die Batterien deiner Zellen, sie versorgen die Zelle mit Energie in Form von ATP. Die Zellen reagieren auf die Überzuckerung mit einer Resistenz gegenüber Insulin. Der Zucker verbleibt im Blut. Die Bauchspeicheldrüse erhöht die Insulinproduktion. Die Insulinresistenz passt sich an.

Dieser Prozess passiert nicht von heute auf morgen, sondern schleichend. Zunächst wird alle überflüssige Energie für schlechtere Tage in den Fettzellen gespeichert.  Die kommen aber nie. Die Fettzellen mutieren zu Hormondrüsen und fluten unseren Körper mit krankmachenden Hormonen, deren Botschaft das Gehirn überfordert. Zur Insulinresistenz gesellt sich so u.a. eine Leptinresistenz. Leptin sorgt dafür, dass wir uns satt fühlen.

Diese Zuckerstoffwechselstörungen aüßern sich zunächst nur in leicht erhöhten/verminderten Werten im Blutbild, wie leicht erhöhten Harnsstoffwerten oder verminderten Ferritin-Werten.  Es folgen Bauchfett und metabolisches Syndrom, Leptinresiztenz, Diabetes 2 bis hin zu Neurodegeneration in Form von neuropatischen Schmerzen oder Alzheimer (Typ 3-Diabetes).

Der Zusammenhang von Zuckerkonsum und diversen Krankeiten wird sehr ausführlich in dem Buch “Zucker – der heimliche Killer“ dargestellt.

Wie du deine Zuckersucht überwindest?

Ab sofort ernährst du dich ausschließlich von Möhren. Nö, so geht es nicht. Verzichten, leiden und rückfällig werden muss nicht sein.

Ich gebe dir im Folgenden Tipps, wie du die Zuckersucht in Griff bekommst und stelle dir zwei empfehlenswerte Bücher zum Thema vor.

Tipp: Koche selber mit echten Lebensmitteln und trinke zuckerfrei.

Die durchschnittlichen 100 g Zucker täglich nimmst du nicht in Form von 47 Stück Würfelzucker zu dir.
Den größten Teil deiner Zuckerration trägst du ungefragt aus dem Supermarkt nach Hause. Sie versteckt sich in fertigen und halb fertigen Lebensmitteln. Industriell verarbeitete Lebensmittel enthalten reichlich Zucker als Geschmacksverstärker.

Zusammen mit unnötigen Mengen an Fett und Salz werden so unsere Sinne getäuscht. Wir können nicht erkennen, ob das Lebensmittel gut für uns ist. Lebensmitteltechniker sind ständig auf der Suche nach dem optimalen bliss point ihrer Kreationen, die wir dann goutieren. Die sensorisch-spezifische Sättigung mit Geschmacksverstärken weckt das Interesse unserer Geschmacksknospen, ohne sie zu überfordern. So ist garantiert, dass das Gemisch aus Geschmacksverstärkern begehrlich.
Würdest du eine Portion Tomatensuppe mit 3,5 Teelöffel Zucker und 75 % deines täglichen Salzbedarfs zubereiten?
Gut 20 bis 30 Gramm Zucker verstecken sich in Getränken. Dabei spielt es keine Rolle, ob du Fruchtsaft, Wasser mit Geschmack oder Limo trinkst, Zucker ist immer drin, auch die grüne Cola kommt auf 22 Gramm pro Dose.

Tipp: Starte den Tag effektiv. Iss für deinen Körper und für deine Gesundheit.
Um aus der Zuckersucht auszusteigen, ist eine Stabilisierung des Blutzuckerspiegels, eine Normalisierung des
Cortisolspiegels und ein Anheben des Serotoninspiegels notwendig.

Optimal sind Kohlenhydrate, die den Blutzucker langsam ansteigen lassen. Das sind Lebensmittel mit niedrigem glykämischen Index, unverzweigter Stärke und Ballaststoffen. Frühstücke statt Toastbrot oder Baguette und Orangensaft lieber Dinkelbrot und die Orange im Ganzen.
Die meisten von uns frühstücken süß: Müsli, Marmelade und Nuss-Nugat-Creme. Eine Portion handelsübliches Fertig-Müsli enthält 15 – 25 Gramm Zucker. Nutella besteht zu mehr als 50 % aus Zucker. Du musst nicht auf dein süßes Frühstück verzichten. Greife zu mit natürlichem Zuckerersatz  gesüßten Nugatcremes oder Müslimischungen. Mein derzeitiges Lieblingsmüsli enthält statt Zucker Birkenzucker, es schmeckt ausgewogen süß und lässt den Blutzucker nur langsam steigen.

Tipp: Iss dich regelmäßig satt.

Wenn du natürliche, unverarbeitete Lebensmittel isst, kannst du ohne schlechtes Gewissen genießen.
In der Anfangsphase deiner zuckerfreien Ernährung ist es wichtig, dass du nicht mehr als 3-4 Stunden zwischen den einzelnen Mahlzeiten lässt. Dein Gehirn reagiert sonst mit Panik und gerät in alte Stressmuster zurück.

Tipp: Endecke neue, natürliche Lebensmittel.

Während meinem Ausstieg aus der Zuckersucht habe ich Quiona entdeckt. Das ist ein Gänsefußgewächs. Es ist sehr eiweißreich und stabilisiert den Blutzuckerspiegel. Quiona ist ein toller Ersatz für Getreide und lässt sich herzhaft oder süß verwenden.

Kennst du Topinambur oder weißt du wie all die unterschiedlichen Rüben auf dem Gemüsemarkt heißen und schmecken? Finde es heraus.

Tipp: Setze dir viele kleine Ziele, statt ein großes.

Mach nicht ab sofort alles „richtig“, lasse deinem Körper 2-3 Monate Zeit umzulernen. Gehe den Weg aus der Zuckersucht in vielen kleinen Schritten. Und freue dich über jeden kleinsten Erfolg. Diese Haltung aktiviert das Belohnungszentrum (Dopamin) in deinem Gehirn und festigt neue neuronale Verbindungen. Das Gehirn lernt schnell und wird diese neuen positiven Gewohnheiten immer wieder einfordern. Rückfälle in Form von Heißhungerattacken unter akutem Stress sind anfangs normal, aber kein Grund aufzugeben. Mache unbeirrt weiter.

Das 4-Schritte-Entwöhnungsprogramm

zucker der heimliche KillerDieses Programm ist Teil des Buches „Zucker – der heimliche Killer“.  Das 12-Wochen-Konzept basiert auf dem schrittweisen Entzug von Zucker und Stärke. Der Stoffwechsel lernt dabei so langsam um, dass sich keine Entzugssymptome entwickeln.  Die vier Schritte aus der Zuckersucht sind:

Bestandsaufnahme: Wie viel Zucker esse ich? Wie fühle ich mich davor und danach? Was sind die persönlichen Zuckerfallen? Mit Hilfe  des kopierbaren Esstagebuchs lassen sich so persönliche und machbare Ziele setzen.
Bausteine der Ernährung kennenlernen: Ausführliche Erläuterungen zu guten und schlechten Kohlenhydraten/Fetten, Vitaminen und Mineralstoffen befähigen dazu Verantwortung für die eigene Ernährung zu übernehmen. Zudem stellen die Autoren gesunde Zuckerersatzstoffe vor. Neben Erythrit und Stevia wird vor allem in der Anfangsphase D(+)Galaktose eingesetzt. Ein Destillat in Pulverform aus Molke und Milchzucker, dass insulinunabhänigig verstoffwechselt wird.
Die Umsetzung: In diesem Schritt werden die Erkenntnisse praktisch angewandt. Was ist in den einzeln Phasen des zwölfwöchigen Ausstiegs zu beachten, welche Lebensmittel sind wann optimal?
Bewegung: Ein moderates Bewegungsprogramm unterstützt den Ausstieg aus der Zuckersucht.

Die weiteren Teile des Buches beschäftigen sich wissenschaftlich fundiert, aber verständlich, mit der Entstehung  der Zuckersucht und ihren krankmachenden Folgen. Den Abschluss bildet das Kapitel „Im Zuckerhimmel“, mehr als 60 zuckerfreie Rezepte, inklusive Dessert und Marmelade.

Das sehr informative Buch „Zucker – Der heimliche Killer: Wie wir krank und süchtig werden. Wie wir uns schützen, ohne auf Süßes zu verzichten.“ mit dem gut umsetzbaren Konzept ist eine Gemeinschaftsarbeit des Arztes  Dr. med. Kurt Mosetter, des mehrfach ausgezeichneten Kochs Thorsten Probost, des Biochemikers Dr. Wolfgang A. Simon und der Autorin Anna Cavelius.

Zuckerfrei glücklich in 8 Wochen

zuckerfrei gluecklichDie Autorin von „Goodbye Zucker“ war selbst zuckersüchtig. Und hatte genug von der Achterbahn der Zuckerhöhen und -tiefen. Sie entschloss sich, es wenigstens einmal zu versuchen den Zucker wegzulassen. Mit dieser anfänglichen „Schauen-wir-mal-Haltung“ gelang ihr der Ausstieg aus der Zuckersucht.  Die ersten beiden Wochen ihres 8-Wochen-Programms stehen ganz unkompliziert unter dem Motto „ich-spiele-nur-mal-mit-dieser-Idee“, indem ich zum Beispiel den Zucker im Kaffee halbiere. Für jede Woche gibt es einen sehr durchdachten Plan, angereichert mit vielen Tipps, Tricks und fundiertem Wissen.  Zum Beispiel: „Was tun bei Naschattacken?“ oder “ Wo versteckt sich Fructose?“.

Tenor des Ratgebers ist nicht ein leidvoller Verzicht auf Zucker, sondern der Gewinn durch Zuckerverzicht. Dass eine zuckerfreie Ernährung nicht Verzicht auf Lebensqualität bedeutet, zeigt Sarah Wilson mit den mehr als 100 köstlichen Kochvorschlägen. Diese sind einfach, aber oho!  Von „Frühstücksideen“, über „herzhafte Snacks“ bis hin zu „Kuchen & Desserts“ sind die Rezepte größtenteils fructose-, gluten- und getreidefrei.

Einkaufs- und Vorratslisten runden das durchgehend bebilderte und wunderschön gestaltete Buch ab.  Absolut empfehlenswert.